"Niemand hat Fehler gemacht"

 

Trotz eines Unfalls läßt Sonja Furck

die Leidenschaft fürs Reiten nicht los

Von Peter Kuntz

 

Ich hätte ja auch eine Treppe herunterfallen können." Ein Sportunfall hat das Leben von Sonja Furck grundlegend verändert, aber nicht ihre Einstellung zum Reitsport.

An den Unglückstag, den 4. Juli 1998, hat die 25jährige Kastellaunerin nur bruchstückhafte Erinnerungen. Für sie war das Reitturnier ihres Heimatvereins RFV Rheinböllen bereits das vierte in der noch jungen Saison. Die drei vorangegangenen hatten sie und die damals siebenjährige Oldenburger-Stute Zatina ohne Probleme absolviert.

Auch an jenem Samstag ging morgens bei ihrem ersten Springen auf der Kleinweidelbacher Anlage "alles glatt". Von ihrem verhängnisvollen zweiten Start in einem A-Springen weiß sie heute nicht einmal mehr, daß sie überhaupt im Sattel saß. Augenzeugen schilderten ihr später das Unglück. "Das Pferd bekam an einem Hindernis eine Stange zwischen die Beine und ist gefallen", wurde ihr berichtet.

Das Pferd stürzte auf seine Reiterin, der eine Stange im Rücken einen Wirbel brach. Zatina, die seit eineinhalb Jahren von Sonja Furck geritten wurde, trug nur ein paar Kratzer davon und stand bald wieder auf den Beinen. Sonja Furck wird es nicht mehr

können: Sie ist seit dem Unfall querschnittgelähmt.

Es hat niemand einen Fehler gemacht", versichert sie. Dem Tier und sich selbst

macht sie keine Vorwürfe. "Das Pferd ist mir jetzt genauso lieb wie vorher auch." So etwas könne passieren. "Ich würde deshalb niemandem vom Reitsport abraten. Dann dürfte man ja überhaupt nichts mehr machen", hat sich an ihrer Leidenschaft für Pferde und Reitsport nichts geändert.

Im Gegenteil: Für sie sind Sport und Pferde eine Stütze in ihrem neuen Leben, auf das sie durch Reha-Maßnahmen in Heidelberg vorbereitet wurde. "Wir sind dort angeleitet worden, alleine zurechtzukommen", erzählt die Friseur-Gesellin. Sie hat die Lektion gelernt und kommt weitestgehend ohne fremde Hilfe aus.

Eigentlich bin ich ganz zufrieden mit mir selbst", bewertet sie den eigenen Umgang mit dem Schicksal. Geholfen haben ihr dabei Spenden, die vor allem von ihrem Rheinböllener Club und dem Verein Ellerbachtal-Gebroth gesammelt wurden. 15 000 Mark kamen zusammen, mit denen sie ihr Auto behindertengerecht umbauen lassen konnte.

Es ist mir eigentlich peinlich, daß so viel Geld für mich gespendet wurde.

Auf der anderen Seite bin ich dankbar, weil ich es gut verwenden konnte", hat sie gemischte Gefühle.

Zum Beispiel um mit dem Auto an zwei Wochentagen zum Rollstuhl-Basketball nach Koblenz zu fahren. Künftig will sie außerdem einmal im Monat in Heidelberg in einer reinen Frauen-Basketballmannschaft spielen.

Feste Termine sind für sie auch die Stippvisiten in der Reithalle, zum Zuschauen und um Bekannte zu treffen. "Natürlich kommt mir da der Gedanke, so würdest du jetzt auch gerne wieder reiten. Aber dieser Gedanke ist nicht so stark, daß ich deshalb nicht mehr hinfahren würde", sagt Sonja Furck.

Sie will sogar selbst wieder im Sattel sitzen - auf dem Rücken eines speziell

ausgebildeten Therapie-Pferdes. Wenn sie auch skeptisch ist, ob ihr die gemächliche Gangart gefallen wird: Versuchen will sie es. Vielleicht findet sie auf dem Rücken dieses Pferdes ein kleines Glück der Erde.

Homepage Update: 18.02.1999