Die reinsten der Reinen

von der Schmausemühle

Adel Europas schmückt sich mit diesen spanischen Pferden

20 der exklusiven Kartäuser stehen in Roth/Hunsrück

Von Thomas Link

Spaniens König Juan Carlos besitzt einen, Englands Prinzessin Anne hat einen, Prinzessin Maria Christina von Bayern ebenfalls - Peter und Gisela Engel haben gleich mehr als 20. Die Rede ist von Kartäuser-Pferden.

Landläufig werden diese Pferde als Andalusier bezeichnet; doch diesen Namen wehrt Peter Engel sogleich ab. Spanische Wörter fallen. Pura Razza Espanola", Cartujanos" - sprich: die reine spanische "Rasse" und "Kartäuser". Letztere waren ein Mönchsorden, deren Pferdezucht zum Mythos wurde, von dem sich selbst Frankreichs Napoleon anstecken ließ und auf einem solchen Schimmelhengst vor Moskau aufkreuzte.

In diesen Pferden, die sich da auf 40 Hektar rund um die Schmausemühle am Deimerbach" zwischen Roth und Beltheim im Hunsrück tummeln, stecken viele Besonderheiten. Ihre Geschichte reicht viele Jahrhunderte weit zurück, erzählt Peter Engel, im Hauptberuf Importeur von Tiernahrung.

Die Geschichte seiner "Kartäuser" beginnt etwa im Jahr 800 nach Christus, als die Mauren in Spanien siedelten, sie ihre mit den Pferden des Landes kreuzten. Im Mittelalter blühte die Zucht, an der sich vornehmlich die Adligen beteiligten. Ihre Pferde nannten sie "reine spanische Rasse". Der Adel überließ dem Klerus immer wieder Pferde, wobei die Kartäusermönche im Jahr 1476 auch einen größeren Landstrich erbten.

Mit besonders ausgesuchten Exemplaren begannen die Mönche dort ihre eigene Zucht, führten Buch über die Tiere. Der "Cartujano" war geboren. Während der Barockzeit wurde dieses spanische Pferd zum begehrtesten Reittier an den europäischen Königshäusern. Der "Lipizzaner" der österreichischen k.u.k-Monarchie - und heute an der Spanischen Hofreitschule in Wien zu bewundern - stammt von den "Kartäusern" ab.

Das "reine spanische Pferd" starb beinahe aus, als Napoleon für seine Feldzüge größere und schwerere Pferde brauchte und deren Zucht durchsetzte. Nur die Kartäusermönche weigerten sich standhaft, züchteten insgeheim weiter. 1835 wurden die Mönche vertrieben; den Großteil ihrer Pferde übernahm ein Pater. Sein Gestüt wechselte im Lauf der Zeit oft den Besitzer, erst 1990 wurde eine staatliche Gesellschaft Eigentümer.

Peter Engel kam auf Umwegen zu seinen "sehr exklusiven, auch vom Preis" nicht ganz billigen Pferden. Denn der Geschäftsmann züchtet seit Jahren schon belgische Malinoise-Schäferhunde. Für seine Frau Gisela, die einmal Dressurreiterin war und Jahre im Bürostuhl arbeitete, suchte er eine Art Ausgleichssport mit Pferden. So suchte das Paar nach einer Pferderasse, die zu den Hunden paßte: nicht zu groß, nervenstark, kein Arbeitstier, sondern für die Dressur geeignet. "Da blieb der Cartujano übrig", schmunzelt Engel: "Ein Pferd zum Angeben!"

Elegant bis ins Detail

Die "Kartäuser" sind sind mit 160 Zentimetern für ein Dressurpferd klein und kurz, aber gut bemuskelt. Meistens sind es Schimmel. Auf der Schmausemühle werden die Tiere zwar nicht in Offenställen, aber doch tagsüber im Freien gehalten. Gisela Engel hat zum Trainieren der edlen Pferde keine Reithalle, die würde das Tal "verschandeln".

Recht stolz ist sie darauf, daß in ihrer Ausbildung schon ein Pferd stand, dessen Halbbruder in Atlanta bei der Dressur-Olympiade startete. Die Engel-eigene Zucht erhält einmal im Jahr Besuch aus Spanien: Das Militär besichtigt die Pferde, kört den Nachwuchs, der nur so in die Stammrolle der "Kartäuser" aufgenommen wird.

Die Pferderasse ist viel zu selten und viel zu wertvoll, um ihr Leben bei Stierkämpfen zu gefährden.

Der prachtvolle "Kartäuser"-Hengst auf den Fotos heißt "Devoto III". Sein Stammbaum läßt sich über Generationen und Jahrhunderte weit zurück-verfolgen. Denn die Mönche führten über ihre Zucht Buch. Fotos: Privat

Nähere Informationen gibt es bei Familie Engel auf dem Engelhof zwischen Kastellaun und Beltheim im Hunsrück unter der Telefonnummer: 06762/1410

Ebenfalls sehenswert sind die Kartäuser der Familie Sonja und Gerhard Thomas in Korweiler/Hunsrück. Telefonnummer: 06762/7872

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Update: 22.1.1999, 11.00 Uhr