Geronimo wird Filmstar

Robert Claus dreht ein Lehrvideo übers Wanderreiten

 

„Du hast Dich versprochen - noch einmal von vorn! Klappe, die Fünfte!" Der bekannte Wanderreiter und Autor Robert Claus hat diesmal einen ungewohnten Job. Er steht vor Filmkameras: An einem heißen Spätsommer-Wochenende wird sein „Handbuch Wanderreiten", das er zusammen mit Sabine Schmitt veröffentlichte, als Lehrvideo in Szene gesetzt. Geronimo und ich waren beim Dreh dabei.

 

Nicht nur Robert Claus - auch wir anderen sieben zweibeinigen „Schauspieler", alles erfahrene Wanderreiter/innen, bewältigen samt unserer Pferde anstrengende Aufgaben.

Denn im Film sollen die im Buch beschriebenen Verhaltenstips fürs Reiten im Gelände korrekt in Szene gesetzt werden. Zuerst drehen wir vor einer Wanderreiterstation den morgendlichen Pferdecheck vor einem Ritt. Bis das Abtasten der Sattellage und der Pferdebeine von den beiden Kameraleuten aufgenommen ist, vergeht eine Weile. Wir verladen unsere Pferde, fahren zu einem anderen Standort.

Das Drehbuch für diesen Tag ist bestens gefüllt. Jetzt ist das Verhalten im Straßenverkehr dran. Wir reiten „Strich", also hintereinander wie die Perlen auf der Schnur, lassen Autos und Lastwagen an uns vorbei, passieren eine Kreuzung. Der Einstieg in einen kleinen Fluß, das kühle Wasser, ist nicht nur fürs Video reinste Erholung für Mensch und Tier an diesem heißen Tag.

 

Ein Buch zu verfilmen, ist anstrengende Arbeit – der Wanderreiter und Autor Robert Claus (rechts) bespricht die nächste Szene des Videodrehs mit Dr. Susanne Kubat und Charles Fuller (links). Hinter Dr. Kubat stehen Geronimo und ich. Foto: Sabine Hafner

 

Wieder transportieren wir die Pferde. Einige Kilometer weiter sind wir auf Waldwegen unterwegs, zeigen dort, wie man Fußgängern freundlich begegnet. Den Spaziergänger mimt der örtliche Förster, mehrfach proben wir die Szene – immer mit einem freundlichen „Guten Tag“ auf den Lippen.

 

Ein Hang im Wald - der Förster hat es uns erlaubt – ist geeignet, gleich die Szenen vom Bergauf- und Bergabreiten abzudrehen. Auch das Springen über kleine Hindernisse wird gleich auf den Film gebannt. Wieder verladen wir die Pferde. Jetzt ist das Versorgen der Tiere in der Mittagspause Thema: Sattelgurt lösen, Pferde abdecken, Hufe auskratzen, etwas später Tränken. Unser Troßfahrer versorgt uns mit Leoner (saarländisch für Fleischwurst) und kühlen Getränken. Unsere eigene Pause an einem Brunnen aus der Römerzeit währt dafür nicht sehr lange...

 

Ein Pferd ist ein besonders guter Schauspieler: Es schwitzt in der Hitze kräftig nach. Robert Claus nutzt die günstige Gelegenheit und erklärt vor der laufenden Kamera, wie mit solchen Pferden umgegangen werden muß: abdecken, führen, die Beine mit Wasser kühlen.

Wenig später transportieren wir die Pferde wieder, drehen an mehreren Orten noch viele weitere Szenen dessen, was ein Wanderreiter unterwegs beherrschen muß: den Umgang mit Karte und Kompaß, Erste Hilfe, den Bau von Paddocks, Sattelkunde sowie die verschiedenen Arten des Hufschutzes.

 

Meinen Geronimo im Auge behaltend, genieße ich die kurze Mittagspause bei den Aufnahmen zum Videofilm „Wanderreiten im Rhythmus der Pferde". Foto: Sabine Hafner

 

Fremde Pferde werden ein Team

 

Drehorte sind die landschaftlich schönsten Stellen des Saarlandes, das Robert Claus wie seine Westentasche kennt. Die Reiter und ihre Pferde dagegen reisten für den Drehtermin teils von weit her an. Denn im Lehrvideo übers Wanderreiten wird auch die Vielfalt der Wanderreit-Pferde gezeigt. So sind vom 1,38 Meter großen Islandpferd, über Appaloosa, Sorraja, Welsh-Cob-Mix bis hin zum 1,68 Meter großen Warmblut einige der Rassen dabei, die hierzulande häufig fürs Reiten im Gelände eingesetzt werden. Interessant ist für uns Reiter, daß diese so gemischte Pferdegruppe - die meisten Tiere waren zuvor noch nie zusammen gewesen - von der ersten Minute an eine Herde bilden. Drohgebärden wie angelegte Ohren, gar ein Auskeilen - das gibt es nicht. Auch die Nacht in den Elektro-Paddocks bleibt ruhig. Das Kennenlernen der Pferde durchs Sternreiten - das Aufstellen im Kreis und abwechselndes Drumrumreiten wird im Video ebenfalls gezeigt - hat sich bewährt. Auch vor und hinter

den Kameras spielen die Pferde mit, wenn sie nach einem Galopp minutenlang warten müssen, bis das Filmteam die Szene für „gestorben", für beendet erklärt, oder die Pferde zum x-ten Mal am Tag verladen werden, um zu einem neuen Drehort zu fahren.

 

Ruckzuck steigen die Wanderreitpferde in die Hänger, schließlich aus Zeitgründen sogar gesattelt.

Wir Wanderreiter sind nach insgesamt drei Drehtagen fix und alle. Nicht zuletzt mußten auch nächtliche Szenen wie das Grillen von Würstchen und das Singen von Liedern aufs Videoband – tief in der Nacht sinken wir ins Bett. Es ist so spät bzw. früh, daß wir die Nachtwache an den Paddocks ausfallen lassen.

 

Doch schon bald sitzen wir wieder im Sattel – reiten in den Sonnenaufgang hinein, galoppieren Bügel an Bügel, machen Station auf einer alten Burgruine, die nur über eine unter den Hufen dröhnende Holzbrücke zu erreichen ist, lassen unsere Pferde aus Brunnen trinken, aus denen das Wasser richtig herausspritzt. Auch dieses Hindernis nehmen unsere Pferde mit stoischer Ruhe.

 

Der Einstieg in einen kleinen Fluß, das kühle Wasser, ist nicht nur fürs Video reinste Erholung für Mensch und Tier an diesem heißen Tag. Foto: Robert Claus

 

Eine weitere, anstrengende Arbeit bewältigt Robert Claus Tage und Wochen später. Er sucht aus mehr als zwölf Stunden Filmmaterial, die Dr. Susanne Kubat und Charles Fuller von der  Videofirma CHS im Auftrag von Reitsport Waldhausen drehten, die interessantesten Szenen für das 60-minütige Video aus. Diese Aufgabe fällt Robert Claus Autor nicht leicht. Denn schon während des Drehs zeigt sich, daß - um das Thema Wanderreiten umfassend darzustellen - viele der angesprochenen Teilbereiche rund ums richtige Verhalten im Gelände einen eigenen Film wert sind.

 

Monate später gibt´s als Honorar einen der Videos – gespannt sitze ich vor dem Fernseher und staune, wie professionell wir alle uns vor der Kamera bewegen, obwohl doch keiner von uns Filmerfahrung hat. Richtig klasse sieht alles aus, macht Spaß aufs Wanderreiter – genau das, was wir erreichen wollten, auch wenn lange nicht alle abgedrehten Szenen verarbeitet werden konnten. Traurig bin ich nur, daß sogar der Abspann des Films, in dem eigentlich alle vierbeinigen Schauspieler genannt werden sollten, der kürzenden Schere zum Opfer fielen...

Dennoch: Wenn Robert Claus nochmal einen Film dreht, sind wir gerne wieder dabei. Thomas Link

 

Hier gibt´s das Video und das Buch

Der etwa 60-minütige Videofilm „Wanderreiten im Rhythmus der Pferde" ist im Fachhandel und im fs-Medien-Shop der Zeitschrift „freizeit im sattel“ für € 49,90 erhältlich. Das „Handbuch  Wanderreiten" bekommen Sie für  € 24,80 ebenfalls im fs-Medien-Shop.

 

Update: Januar 2002 (Wesentliche Teile des Textes wurden in der „freizeit im sattel“, Ausgabe 10/2000, veröffentlicht.)

 

 

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